Mögliche Ursachen und Entstehung einer Dysbiose

Ein immer größeres Spektrum an Krankheiten wird mit Dysbiose in Verbindung gebracht. Von infektiösen Geschehnissen über chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED), bis zu unterschiedliche Stoffwechselerkrankungen, wie Diabetes und Übergewicht oder auch Schilddrüsenfehlfunktionen, das Spektrum an möglichen Ursachen ist weit gefächert. Seit einigen Jahren wird auch in der Schulmedizin vermehrt diskutiert inwieweit sogar Depressionen oder gar Autismus kausal mit unserem Mikrobiom in Verbindung gebracht werden kann. Ein Ansatz, der längst in den Bereich der Naturheilkunde Einzug gefunden hat.

Stress als Ursache einer Dysbiose

„Der Darm ist der Vater aller Trübsal.“ Mit diesem Zitat weißt Hippokrates, der bedeutendste Arzt der Antike, schon auf den wechselseitigen Einfluss von Darm und Gehirn hin. Der Darm gilt nicht umsonst als das zweite Gehirn. Mit mehr als 100 Millionen Nervenzellen umgarnt das sogenannte enterische Nervensystem (ENS) das Verdauungssystem von der Speiseröhre bis hinab zum Schließmuskel. Das ENS gehört zum vegetativen Nervensystem, arbeitet also autonom. Da es der Aufrechterhaltung lebenswichtiger Funktionen im Körper dient, ist es sinnvollerweise nicht willentlich beeinflussbar. Durch eine enge Teamarbeit ist das ENS mit dem Sympathischen und Parasympathischen Nervensystem als Teil des vegetativen Nervensystems verbunden. [1]

Das Sympathische Nervensystem gilt als der Antreiber und erhöht die Aktionsbereitschaft und bietet eine erhöhte Überlebensbereitschaft. Der Körper macht sich zum Weglaufen bereit, indem er Stresshormone ausschüttet. Das Schmerzempfinden lässt nach, Puls und Blutdruck werden gesteigert und die Lunge zu schnellerem Atmen aktiviert. Die Verdauung wird gestoppt, da diese im Verteidigungsfall viel zu viel Energie verbrauchen würde. Ein Zuviel des Stresshormons Cortisol kann dann auch zu Depressionen führen. In unserer reizüberfluteten Welt, und der Bereitschaft zu jederzeit und an jedem Ort erreichbar sein zu wollen, muss unser Körper praktisch immerzu auf einen Kampf mit dem Löwen eingestellt sein. Wir reagieren mit Depressionen und fühlen uns abgeschlagen.

Unsere vielen Millionen Mitarbeiter im Darm, unser Mikrobiom, ist quasi in einen Stand-by-Modus geschaltet. Zusätzlich zu dieser körpergesteuerten Einschränkung neigen wir in solchen Stressphasen zu ungesunder, einseitiger Ernährung. Salat aus der Plastikpackung, Fertiggerichte in Kunststofftellern, erwärmt in der Mikrowelle, künstliche Aromen, Konservierungsmittel. Die Liste ließe sich noch endlos fortsetzen. Da der Löwe uns ja schon Auge in Auge gegenübersteht, bleibt keine Zeit für Muse beim Frühstück oder ein Mittagessen in Ruhe mit Freunden oder Kollegen. Das Croissant und Kaffee im Pappbecher, schnell mal auf dem Weg zum Bahnhof. Mittagessen „to go“, während nebenher dringend die abendliche Freizeit per WhatsApp organisiert werden muss.

Zurück zu unserem Nervensystem. Der Parasympathikus ist der Gegenspieler des Sympathikus. Er soll dem Körper Erholung und Ruhephasen verschaffen. Doch Gifte, vorneweg das Nikotin und Koffein wirken als sogenannte Sympathikomimetika. Das sind Substanzen, welche einen stimulierenden Effekt auf das sympathische Nervensystem ausüben und gleichzeitig die Aktivität des Parasympathikus hemmen. Also vorbei mit chillen – anstatt dessen versetzt man sich in einen permanenten Alarmzustand. Und was hat das mit unserer Darmflora zu tun? Viel! Alarmzustand bedeutet für den Darm, jetzt muss ich mal aufs Verdauen verzichten, alle Energie wird zum Angriff benötigt. Immer auf der Hut sein, eine ständige Anspannung der Muskulatur, Puls und Blutdruck im Dauerstress. Da kann man schon darauf warten, dass das Immunsystem kränkelt.

Antiobiotika der Tot für Darmbakterien – gut oder böse

Wie in freier Wildbahn, die schwächsten Tiere werden zuerst gerissen. So freuen sich Bakterien und Gesinnungsgenossen über ein gefundenes Fressen. Infektionskrankheiten bleiben nicht aus. Also was tun in der Not, denn der Löwe bedroht uns ja noch immer und wir müssen im Alltag funktionieren. Ab zum Arzt, ein Mittelchen muss Heilung versprechen. Leider wird in vielen Fällen ein Antibiotikum verabreicht. Eines vorne weg. Der Einsatz von Antibiotikum ist sinnvoll. Und zwar immer dann, wenn es sich bei der Indikation um einen bedrohlichen Zustand handelt, der aufgrund einer bakteriellen Infektion zustande kam. Ein verantwortlicher Arzt wird vor die Gabe von Penicillin und Co eine ausführliche mikrobiologische Untersuchung stellen, um Art und Dauer der Behandlung festzulegen.

Das soll aber nur am Rande interessieren. Für unser Mikrobiom ist ein Antibiotikum wie vorsätzlicher Totschlag. Denn es werden mit Sicherheit nicht nur die, an einer Krankheit beteiligten Bakterien abgetötet. Unsere Darmflora ist ein sehr empfindliches Biosystem und schnell kommt es zur Verschiebung des Gleichgewichtes zuungunsten der Diversität des Mikrobioms. Im menschlichen Darm existieren etwa 1000 verschieden Arten von Bakterien, welche die unterschiedlichsten Aufgaben wahrnehmen.

So kurbelt eine typisch westliche, fett- und eiweißreiche Ernährung mit viel Fleisch und Fast Food das Wachstum von schlechten Bakterien an. Diese wiederum fördern Entzündungen und destabilisieren die Darmbarriere.

Vorwiegend pflanzliche Kost mit viel Gemüse, Hülsenfrüchten, Obst und Getreideprodukten aus Vollkorn (vornehmlich Glutenfrei) ist angesagt. Diese fördern eine breite Diversität und die Vermehrung von protektiven Bakterien, die kurzkettige Fettsäuren bilden und die Darmbarriere stärken.[2]

Man kann sich also gut vorstellen, was passieren wird, wenn diese Artenvielfalt beeinträchtigt wird oder Bakterienspezies gänzlich zurückgedrängt werden.

Ein Worst-Case-Szenarium bietet sich durch eine Infektion mit dem Bakterium Clostridium diffizile. Meist erst Wochen nach einer Antibiotikatherapie verschiebt sich das Gleichgewicht der Darmflora zum Nachteil der schützenden Keime. Dagegen kann sich nun das antibiotikaresistente Bakterium Clostridium diffizile rasch ausbreiten. Das Toxin dieses Keims wird eng mit dem lebensbedrohlichen Zustand der sogenannten pseudomembranösen Antibiotika-assoziierten Kolitis gebracht. [3]

“Eine unausgewogene Ernährung mit zuviel Zucker und stark verarbeiteten Lebensmitteln, sowie Stress und Medikamenteneinnahme können zu einem Ungleichgewicht (Dysbiose) der Darmflora führen. Unliebsame Bakterien und Pilze können die Oberhand gewinnen und so der Gesundheit erheblich Schaden.”

Dysbiose und Pilze im Darm

Die Bedeutung der Pilze als Bestandteil des Mikrobioms hat sich, vor allem durch den Einsatz moderner Molekularbiologie stark verändert. So geht man heute von einem, um den Faktor zehn höheren Anteil von Pilzen als Bakterien in der Biomasse der Darmflora aus. Ähnlich wie bei den kleinen Kollegen besteht eine hohe Vielfalt im Mikrobiom.

Zu finden sind insbesondere die Spezies Saccharomyces und Candida. [4]

Gerade diesen beiden wird die Eigenschaft zugeschrieben, Carotinoide zu bilden. Carotinoide besitzen eine antioxidative Wirkung und schützen somit den menschlichen Organismus freie Radikale aufzunehmen. Freie Radikale sind äußerst aggressive Sauerstoffverbindungen, welche massive Zellschäden bis hin zum Krebs verursachen können.

Somit besteht durchaus Grund zu der Annahme, dass Pilze und Bakterien in einer regen Interaktivität unser Immunsystem regulieren. [5]

Schwere Mykosen, also Pilzerkrankung, nehmen drastisch zu. Candida albicans ist hier einer der Hauptverdächtigen. Der zu den Hefen zählende Pilz verursacht eine große Anzahl recht unspezifischer Symptome wie Blähungen und Verdauungsbeschwerden vor allem zu Beginn einer Ausbreitung im Darm. Ich rede hier bewusst von Ausbreitung, da die normale Darmflora eines gesunden Menschen imstande ist Candida albicans in Schach zu halten. Hat die Hefe erst mal an Boden gewonnen, fordert sie auf hinterlistige Wiese weiteres Terrain. Klar so ein Pilz muss sich wehren, wenn er durch die schützenden Darmbakterien angegriffen wird. Und was machen Hefen gerne, sie vergären. Bei diesem Vorgang entsteht das Gift Alkohol im Darm. Die schützenden Bakterien vertragen das jedoch gar nicht gut und sterben ab. Die Erfolgsgeschichte von Candida albicans kann beginnen. Nur leider nicht für uns Menschen, deren Wirt wir sind. Um einen fruchtbaren Boden für die anschließende Probiotikabehandlung zu bieten, muss diese Überwucherung durch Candida albicans gestoppt werden.

Das Mittel der Wahl ist hier oft Nystatin. Nystatin wirkt ausschließlich auf der Haut und Schleimhaut und gelangt nicht in den Körper. Systemische Nebenwirkungen sind somit kaum zu erwarten. Während der Behandlung sollte auf jeden Fall eine zuckerfreie Diät eingehalten werden. Bevor man zur Chemie greift, besteht die Möglichkeit das Ganze erst einmal alternativ zu behandeln.

Eine natürlichere Methode zur Behandlung von Candida albicans Befall bietet reine Caprylsäure (C8). Ist das Mikrobiom gesund, genügt die Konzentration an Caprylsäure, welche von der Darmflora selbst hergestellt wird, zur wirksamen Bekämpfung von Candida Infektionen. Gewinnt der Pilz erst einmal die Oberhand, müssen deutlich höhere Dosierungen her. So findet sich Caprylsäure zu einem hohen Anteil in der Muttermilch. [7] Da Muttermilch häufig nach unserem ersten Lebensjahr knapp ist, muss man auf andere Quellen zurückgreifen. Caprylsäure findet man vor allem in Kokosöl aber auch nur zu einem kleinen Teil, besser ist es auf Produkte zurückzugreifen welche nur reine C8 Caprylsäure enthalten.

Gerade Candida hat den Ruf eines bösen Keims. Aber auch hier gilt wie oben beim Mikrobiom beschrieben, diese Hefe wird erst dann zu einem ernst zu nehmenden Problem, wenn ihr natürlicher Gegenspieler geschwächt ist. Ernährungsfehler, hier vor allem ein übermäßiger Genuss von Zucker und Weißmehlprodukten geben dem Pilz ein überbordendes Nahrungsangebot. So wohl genährt, verschafft sich Candida einen Fortpflanzungsvorteil gegenüber seinen Widersachern. Auch der stellenweise nicht sinnvolle Gebrauch von Antibiotika kann zu einer Überwucherung mit Pilzen im Darm führen. Ein solches Ungleichgewicht endet dann in der oben beschriebenen Dysbiose.

Fazit – Zusammenfassung zur Dysbiose

Eine Dysbiose entsteht nicht von heute auf Morgen, sondern ist das Ergebnis von vielen gemachten Fehlern die sich solange summieren bis das Fass am Ende überläuft. Darunter zählen ständiger Stress, eine ungesunde Ernährung, unsachgemäßer Einsatz von Medikamenten und Antibiotika, häufiger Konsum von legalen Drogen wie Koffein, Nikotin und Alkohol sowie diverse Umweltgifte denen wir täglich ausgesetzt sind.

Viele dieser Dinge können wir gezielt Beeinflussen und dadurch eine Dysbiose verhindern oder wenn diese bereits da ist, die Darmflora wieder ins Gleichgewicht bringen. Dazu reicht es oft die Ernährung und seinen Lebensstil entsprechend anzupassen. In Härtefällen kann auch eine Darmsanierung oder der Einsatz von Medikamenten notwendig sein. Gerade im Bezug auf die Belastung mit Pilzen wie Candida.

  1. Ärzte Zeitung online, 30.10.2017, Menschliche Bakterienflora, Mikrobiom oft noch Jahre nach Antibiose verändert, Von Michael Hubert, in: https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/asthma/article/946429/menschliche-bakteri.enflora-mikrobiom-oft-noch-jahre-nach-antibiose-veraendert.html
  2. Hahne, Dorothee, Mikrobiom und intestinale Gesundheit: Eine hohe Diversität von Darmbakterien ist günstig Dtsch Arztebl 2017; 114(5): A-222 / B-200 / C-200)
  3. Bartlett JG, Onderdonk AB, Cisneros RL, Kasper DL: Clindamycin-associated colitis due to a toxin-producing species of Clostridium in hamsters. J Infect Dis 1977; 136: 701–5. CrossRef
  4. Bedeutung der Darmpilze wird neu entdeckt in: https://www.medsach.de/Archiv/Meldungsarchiv/article-810265-115752/bedeutung-der-darmpilze-wird-neu-entdeckt-.html, Stand: 08.03.2019
  5. Pilze im Darm – das Mykobiom des Darms, Article in Zeitschrift für Gastroenterologie 55(08):772-778 · August 2017
  6. https://praxistipps.focus.de/darmpilz-natuerlich-behandeln-alle-infos_104392 Stand 09.01.2019
  7. Pilzbefall durch Candida albicans in: https://nwzg.de/pilzbefall-candida-albicans/, Stand 08.03.2019

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