Das Coimbraprotokoll bei Multipler Sklerose (MS)

Es ist inzwischen unbestritten, dass Vitamin D immunmodulatorische Effekte hat (1) und ein Mangel an dem Vitamin zu den MS-Risikofaktoren gehört. Dies veranlasste Dr. Coimbra einem Arzt aus Brasilien, den Namensgeber des Coimbraprotokolls, hohe Dosen Vitamin-D als Therapie einzusetzen. Kritiker des Coimbraprotokolls bemängeln die unzureichende Studienlage. In der Tat fehlt es an Studien, die lange andauern, genügend Fallzahlen einbeziehen und entsprechend den Richtlinien als randomisierte Studie ausgelegt sind. Dahinter stecken überwiegend praktische Schwierigkeiten. Allein die Definition des Krankheitsverlaufs im Einzelfall bereitet häufig Probleme.

Die Behandlung basiert auf eine individuelle Einstellung gemäß vorab bestimmter Werte. Das heißt, die in Studien geforderte Gleichbehandlung aller Patienten einer Gruppe ist nicht gewährleistet und nicht die „blinde Studie“, in der der Arzt nicht weiß, wer das Präparat erhält. Eine Studie von 2012 untersucht die Vitamin-D-Supplementierung in Abhängigkeit von der Schub-Häufigkeit bei einem schubförmigen MS-Verlauf. Die Vitamin-D-Gabe wurde kontrolliert über die Bestimmung des Blutwertes für 25-OH-Vitmamin D. Das Ergebnis zeigte, das die Rezidivrate signifikant sank, wenn der 25-OH-Vitamin D Spiegel stieg. Ein Anstieg um jeweils 10 Nanomol war assoziiert mit einer um 13,7 % gesenkten Schub-Rate(2).

Im selben Jahr untersuchte eine finnische Arbeitsgruppe in einer placebokontrollierten, randomisierten Doppelblindstudie an 66 MS-Patienten den Einfluss von Vitamin-D-Supplementierung. Neben dem 25-OH-Vitamin-D-Spiegel und der Bestimmung des Parathormons als Marker für den Kalzium-Stoffwechsel wurden MRT Untersuchungen sowie Funktionstests zur Einschätzung der Mobilität (Gehtests) durchgeführt. Durch den Anstieg des Vitamin-D-Spiegels konnte eine verringerte Krankheitsaktivität in den MRT Befunden und den Mobilitätstests nachgewiesen werden. Keine Unterschiede zeigte sich hier in der jährlichen Schub-Rate(3). Beide Studien wurden nicht nach dem Coimbra Protokoll durchgeführt.

Ablauf des Coimbraprotokoll

Mit hohen Dosen Vitamin D kann über die MS Erkrankung die Kontrolle gewonnen werden. Die dazu notwendige Dosis ist jedoch nicht bei allen Patienten identisch. Sie wird über Labortests ermittelt. Einen wichtigen Parameter stellt das Parathormon (PTH) dar, das in enger Beziehung zum Vitamin D Stoffwechsel steht. Mit einer deutlichen Erhöhung des Vitamin-D-Gehaltes sinkt der PTH-Spiegel. Da PTH als Marker der biologischen Funktion gilt, ist dessen Änderung aussagekräftiger als die alleinige Bestimmung des Vitamin D Metaboliten 25-OH-Vitamin D. Als Zielwert für eine optimale Vitamin-D-Dosis gilt ein PTH Wert nahe der unteren Grenze des Normalwertes. So werden toxische Vitamin D Dosierungen und eine Hyperkalzämie (erhöhte Kalziumwerte im Blut) vermieden.

Begleitend zur Vitamin- Gabe werden im Coimbra Protokoll große Flüssigkeitsmengen aufgenommen, mindestens 2,5 Liter, um einer Nierensteinbildung durch Hyperkalzämie vorzubeugen. Wichtigste Einflussgröße auf den PTH-Spiegel ist das Kalzium. Deshalb muss zusätzlich während des Coimbra Protokolls eine kalziumarme Diät eingehalten werden. Dies ist gleichfalls wichtig für eine richtige Interpretation der PTH Werte. Zu hohe Kalzium-Zufuhr senkt den PTH Spiegel und gaukelt fälschlicherweise eine für die Senkung der Krankheitsaktivität angemessene Vitamin-D-Menge vor. Die im Coimbraprotokoll verabreichten Vitamin-D-Mengen liegen deutlich in einem Bereich, der von Medizinern als toxisch bezeichnet wird. Grund dafür ist die Tatsache, dass bei MS Patienten der Vitamin-D-Stoffwechsel gestört und damit nicht mit Gesunden vergleichbar ist. Bei MS liegt vermutlich eine Vitamin-D-Resistenz vor. Die therapeutisch notwendige Menge zu ermitteln, stellt in jedem Fall eine Herausforderung dar. Deshalb ist es wichtig, das Coimbra Protokoll unter Kontrolle und Einhaltung bestimmter Maßnahmen durchzuführen:

  • Vitamin D und PTH Bestimmung im Blut,
  • Start mit 1000 IE Vitamin D pro Kilogramm Körpergewicht,
  • Anpassung der Vitamin D Dosis gemäß den bestimmten Werten: Dosierung von 30 Tausend bis 100 Tausend IE pro Tag oder mehr,
  • kalziumarme Diät,
  • 2,5 Liter Wasser pro Tag trinken,
  • regelmäßige Kontrolle des Kalziums im Blut und Urinspiegel,
  • täglich sportliche Übungen,
  • spezielle Röntgenaufnahmen, um den Knochenstatus zu analysieren (Dexascan)
  • Vorbeugende Untersuchung der Nieren

Wirkung des Protokolls

Die Umsetzung des Coimbraprotokolls bedarf einer besonderen Schulung des Arztes. Bei exakter Einstellung des Vitamin D bleibt eine große Anzahl der Patienten in Remission, also inaktiv. Sie weisen keine neuen Läsionen auf. Stress, Alkoholkonsum, Rauchen und Infektionen im Harntrakt können den Erfolg gefährden. Inzwischen wurden mehr als tausend Patienten nach dem Coimbra Protokoll behandelt(4).

Trotzdem stehen viele Mediziner und Wissenschaftler dem Coimbra Protokoll skeptisch gegenüber. Viele kommen aus der Pharmaindustrie oder medizinischen Einrichtungen, deren Blick verstellt ist, beispielsweise durch Abhängigkeiten, die durch Sponsoring oder Geschenke von Pharma-Firmen entstehen.

Für die Pharmaindustrie ist MS als unheilbare Krankheit eine unerschöpfliche Geldquelle. Vitamin D ist dagegen preiswert und nicht zu patentieren. Viele Forscher sitzen inzwischen daran, Vitamin-D-Präparate ohne die Nebenwirkungen der hohen Dosen zu entwickeln, ungeachtet der Tatsache, dass diese sich durch gute Führung durch das Coimbra Protokoll verhindern lassen. Weshalb also neue Nebenwirkungen provozieren und teure Kosten?

Erfahrungen mit dem Coimbraprotokoll

Die Erfahrungen mit dem Coimbraprotokoll sind grundsätzlich sehr positiv. Sollten aber auch ein wenig differenziert betrachtet werden. Wie auch bei einer Basistherapie mit Immunsuppressiva gibt es Menschen die gut damit fahren und bei denen es nur Bergauf geht und Menschen bei denen das Protokoll nicht sofort oder gar nicht zu wirken scheint. Die Gründe für diese unterschiedlichen Erfahrungen liegen in der MS und ihrem individuellen Verlauf sowie der in der Individualität einer jeden Person. Faktoren die unserer Meinung nach den Erfolg des Coimbraprotokolls beeinflussen sind:

  • Ernährung / Nahrungsergänzung
  • Lebensstil
  • Stressmanagement
  • Umwelteinflüsse
  • Diagnose der MS und Startzeitpunkt des Protokolls
  • Verlaufsform
  • Immunsuppressiva

Schaut man in die Gruppen die es zum CP auf Facebook gibt, so wird man auf viele positiven Erfahrungsberichte über das Protokoll stoßen aber eben auch auf negative. So weit man das Beurteilen kann, scheinen MS-Patienten welche möglichst früh nach ihrer Diagnose mit dem Coimbraprotokoll beginnen und zum Teil noch keine immunsuppressiven Medikamente genommen haben davon zu profitieren. Das liegt vermeintlich in der immunmodulierenden Wirkung des Vitamin-D, welche sich diese Therapiemethode zu nutzen macht und welche so in Konkurrenz zu den Immunsuppressiva wirkt. Haben Menschen allerdings schon sehr lange MS welche medikamentös behandelt wurde und welche von einer Schubförmigen bereits in die SPMS gewechselt ist bzw. von Beginn an eine PPMS, so scheinen die Erfolge und Besserungen im Vergleich zur RRMS nicht so groß zu sein.

Eine Patientin – Marit Müller schreibt sogar ihre Erfahrungen detailliert in einem Blog nieder. Ein Einblick der bei einer Entscheidung für oder eventuell auch gegen das Coimbraprotokoll helfen kann.

Fazit – Zusammenfassung

Die Frage die man sich als Mensch mit MS stellen muss ist allerdings welche Alternativen habe ich? Nehme ich die Nebenwirkungen einer Basistherapie in Kauf oder versuche ich es mit einer für uns nebenwirkungsärmeren und „natürlicheren“ Methode? Diese Entscheidung muss jeder selbst treffen sollte aber bedenken, das eine Behandlung nach dem Coimbraprotokoll nur ein Teil des Ganzen ist und wesentlich mehr dazu zählt der MS die Stirn zu bieten. Dazu zählen

  • der eigene Lebensstil (Bewegung, Spaß, glücklich sein)
  • die Reduktion von Stressfaktoren (Arbeit, Freunde, Partnerschaften)
  • eine gesunde Ernährung (möglichst bio, regional, unverarbeitet)
  • die Vermeidung von jeglichen Umweltgiften (Schwermetallen, Strahlung, etc.)
  • die Akzeptanz der Krankheit und der richtige Umgang damit

Ganz egal wie du deine MS behandeln möchtest oder ob du gar nichts machst und die Konsequenzen trägst. Es ist deine Entscheidung und du musst dich damit wohlfühlen.

pfeil unten

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(1)  Hayes, C.E., Hubler, S.L., Moore, J.R., Barta, L.E., Praska, C.E., Nashold, F.E., 2015. Vitamin D actions on CD4(+) T cells in autoimmune disease. Front. Immunol. 6, 100.

(2) Pierrot-Deseilligny, C., Rivaud-Péchoux, S., Clerson, P., de Paz, R., Souberbielle, J.C.,Relationship between 25-OH-D serum level and relapse rate in multiple sclerosis patients before and after vitamin D supplementation. Ther. Adv. Neurol. Disord. 5, 187–198.

(3) Soilu-Hänninen M, Aivo J, Lindström BM, Elovaara I, et al.: A randomised, double blind, placebo controlled trial with vitamin D3 as an add on treatment to interferon β-1b in patients with multiple sclerosis. J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2012 May;83(5):565-71.

(4) https://coimbraprotokoll.de/wp-content/uploads/2017/02/Vitamin-D_Interview-Dr.-Coimbra.pdf?x42866

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